Stadtkanzlei
Das vom Süden an die Häuser der Krambudenbesitzer angrenzende Haus Nr. 10 wurde 1538 für die Stadtkanzlei errichtet. Ihre Anfänge reichen in das 13. Jahrhundert zurück und ihre Aufgabe war, die Geschäfte der städtischen Selbstverwaltung zu dokumentieren. Diesem Ziel dienten vor allem die Ende des 14. Jahrhunderts eingeführten Ratsbücher und anschließend auch die städtischen Rechnungsbücher.
Die Leitung der Kanzlei oblag dem Stadtschreiber. Vielseitig ausgebildet, mit Rechts- und Fremdsprachenkenntnissen war er der wichtigste Fachmann und ein führender Beamte. Oftmals vertrat er die Stadt vor dem König, dem Sejm oder den Gerichten. Den Posener Stadtschreibern verdanken wir auch die ältesten Notizen chronikalischen Charakters, denen Bernard von Pyzdry an der Wende des 14. zum 15. Jahrhundert den Anfang gab. Eine Tradition, die von seinen Nachfolgern bis zum Jahre 1752 fortgesetzt wurde.
Die größten Verdienste als Stadtschreiber hatte ohne Zweifel Błażej Winkler. Vor 1535 in sein Amt eingesetzt, ging er seinen Pflichten länger als dreißig Jahre nach. In dieser Zeit reorganisierte er die Stadtkanzlei, legte das große Buch der Privilegien Posens an und begann, die sog."Willküre", d.h. Stadtgesetze und Verordnungen zur Regelung interner Stadtangelegenheiten systematisch in die Ratsbücher einzutragen. Das gleiche tat er auch für die den Gerichten anderer Städte erteilten Belehrungen. In Anerkennung seiner Leistungen erhielt er eben das Haus der Stadtkanzlei zur Verfügung. Außerdem wurden ihm eine Handelsbude auf dem Markt und ein Grundstück außerhalb der Stadt übereignet.
Das Anfang des 20. Jahrhunderts gründlich umgebaute Bürgerhaus erhielt seine heutige Form nach dem Zweiten Weltkrieg. Heute hat hier die 1922 vom Stadtpräsidenten Cyryl Ratajski gegründete Gesellschaft der Freunde der Stadt Posen ihren Sitz.