Das Rathaus als ehemaliger Sitz des Stadtrates ist eines der wertvollsten Baudenkmäler der Renaissancekunst in Mitteleuropa. Die älteste Erwähnung seiner Existenz stammt aus dem Jahre 1310. Erbaut wurde es sicherlich wenige Jahre früher, um die Wende des 13. und 14. Jahrhunderts. Davon zeugt der im Kellergeschoss erhaltene Schlussstein mit dem Wappen des Przemyślid-Geschlechts, aus dem Wacław II. 1300-06 auf dem polnischen Thron saß. Das gotische Rathaus war ein kleines eingeschossiges Gebäude, über dem wahrscheinlich erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts ein schlanker Turm errichtet wurde.

In den Jahren 1550-67 wurde das Rathaus durch den italienischen Architekten Giovanni Baptista Quadro aus Lugano im Renaissancestil umgebaut. Das Gebäude wurde in westliche Richtung ausgebaut, um ein Stockwerk erhöht, Dächer wurden mit Attikas verdeckt und die Fassade mit einer dreigeschossigen Loggia geschmückt. Im Jahre 1775 wurde der Rathausturm durch einen Blitz zerstört. Wiederaufgebaut im Jahre 1690 überragte er nicht lange die Stadtdächer - 1725 stürzte der Turm bei einem Sturm um.

Den neuen klassizistischen Helm, mit einem Adler am Giebel, erhielt der Turm erst während der gründlichen Renovierung des Gebäudes in den Jahren 1781-84, die dank Bemühungen der Kommission für Gute Ordnung durchgeführt wurde. Während der nächsten Renovierung in den Jahren 1910-13 erhielt das Gebäude ein weiteres Stockwerk.

1945 erlitt das Rathaus starke Schäden: der Turmhelm stürzte ab, zwei obere Stockwerke völlig verbrannten. Die wertvollsten Innenräume des ersten Stockwerkes rettete der Stadtdiener, Józef Jóźwiak, vor dem Brand. Während des bis 1954 dauernden Wiederaufbaus wurde das zu Beginn des Jahrhunderts erbaute Stockwerk abgetragen. 1994 begann eine komplette Renovierung des Rathauses.


Die Fassaden des Rathauses haben einen einheitlichen Renaissancecharakter. Die einzige Spur der gotischen Vergangenheit des Gebäudes sind Ziegelreste des Turmes aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts.

Der Turm wird von einem klassizistischen, nach Stand vom Ende des 18. Jahrhunderts rekonstruierten Helm gekrönt. Auf dem Giebel befindet sich ein origineller Adler aus 1783, mit einer Höhe von 1,8m und der Flügelspannweite von 2m. Die Zierde des Gebäudes bildet die Vorderfassade mit einer dreigeschossigen Arkadenloggia, über der sich drei keine Türmchen erheben.

In den Medaillons zwischen dem ersten und zweiten Stockwerk wurden Häupter antiker Weisen und Helden dargestellt, in der Attika polnische Könige aus der Jagiellonendynastie. Unter den seitlichen Türmchen begann man Bildnisse der Herrscher aus der Piastendynastie, entworfen von Zbigniew Bednarowicz, anzubringen. Zur Zeit wird die Polychromie der Fassade renoviert, wobei die Koloristik der Malereien geändert wird.

Im mittleren Türmchen, unter der Uhr, befindet sich eine Kartusche mit den Initialen des Königs Stanisław August; über der Uhr gibt es eine kleine Plattform, auf der sich täglich um 12.00 Uhr zwei Posener Böcke zeigen.

Den ältesten Teil des Gebäudes bilden frühgotische Kellerräume mit Kreuzrippengewölben. Die interessantesten Räume befinden sich im ersten Stock. Die Riesige Diele (auch Renaissancesaal genannt) ist einer der schönsten Renaissanceinnenräume in Polen. Zwei Pfeiler tragen ein reich geschmücktes Kassetten-Kuppelgewölbe. In einer der Kassetten wurde das Wappen von Posen angebracht. An der Westwand haben sich zwei spätgotische Portale aus 1508 erhalten.

In der Königskammer - mit Tonnengewölbe und Lünetten - fanden Sitzungen des Stadtrates statt. Der Name entstand im 17. Jh. und stammt von den hier hängenden Königsporträts. Der Renaissancekamin aus 1541 wurde aus dem damals abgetragenen Gebäude der Stadtwaage hergebracht. Der Gerichtssaal hat ein Renaissancegewölbe aus der Mitte des 16. Jahrhunderts; die Polychromie stammt aus verschiedenen Zeitperioden, vom 16. bis 19. Jh. In dem Saal steht eine Statue des Königs Stanisław August, geschaffen 1791, wahrscheinlich von Augustyn Schöps. Die Räumlichkeiten im zweiten Stock haben Renaissancedecken, rekonstruiert nach dem 2. Weltkrieg. Im Rathaus hat heute das Museum zur Geschichte der Stadt Posen seinen Sitz.

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