Die Raczyński-Bibliothek

Beschreibung

Das klassizistische Gebäude der Bibliothek wurde 1822-29 nach Plänen errichtet, die den französischen Architekten Charles Percier und Pierre-François Léonard Fontaine zugeschrieben werden. Die Frontseite des Baus hat die Ostwand des Pariser Louvre zum Vorbild und zeichnet sich durch eine imposante Kolonnade aus. Sie besteht aus 12 gußeisernen korinthischen Säulen. Die Bibliothek war zur Zeit ihrer Errichtung das erste Gebäude in Polen, das ausdrücklich für die Nutzung als Büchersammlung vorgesehen war. Gleichzeitig war es die erste polnische öffentliche Bibliothek auf polnischem Boden. Die Bibliothek wurde am 5. Mai 1829 eröffnet; der Stifter  war Graf Edward Raczyński, der neben dem Gebäude selbst auch über 10.000 Bände seiner eigenen Bibliothek als Starthilfe spendete. Das Stiftungsstatut sah vor, daß die Bibliothek ins Eigentum der Stadt Posen übergehen sollte. Erster Leiter war der Historiker Józef Łukaszewicz. Unter der preußischen Fremdherrschaft war die Bibliothek ein Stützpunkt und Symbol der polnischen Kultur; die Sammlungen konnte "jedermann ohne Ansehen der Person" nutzen.

Am Vorabend des 2. Weltkrieges besaß die Bibliothek etwa 165.000 Bände und sonstige Katalogeinheiten. Der wertvollste Teil der Sammlung wurde während des Krieges auf das Landgut von Aleksander Raczyński in Obrzycko ausgelagert; dadurch konnten 17.000 Bände gerettet werden, hauptsächlich Handschriften, Inkunabeln und Frühdrucke. Die in Posen verbliebenen Bestände verbrannten dagegen im Jahre 1945. Das 1945 ebenfalls zerstörte Gebäude wurde von 1953-56 wieder aufgebaut; die Fassade erhielt 1998 eine Renovierung.

Heute ist die Edward-Raczyński-Stadtbibliothek die zweitgrößte Bibliothek in Posen nach der Universitätsbibliothek. Die wertvollsten Bestände sind in Sondersammlungen zusammengefaßt; dazu gehören über 9.000 Handschriften (davon etwa 100 auf Pergament), annähernd 18.000 Frühdrucke (davon rund 250 Inkunabeln) und etwa 10.000 Karten und Pläne. Zu den wertvollsten Stücken gehören: das Manuskript eines Kodex von 1460 mit einer Sammlung theologischer Traktate von Augustinus Triumphus aus  Ancona, Frühdrucke zu polnischen Themen, z.B. Ausgaben von Stanisław Hozjusz (1553), Łukasz Górnicki (1566), und Mikołaj Rej (1568), in Posen entstandene Drucke aus der Werkstatt von Melchior Nehring (1577) und aus der Druckerei der Jesuiten (17./18. Jahrhundert). Die Bibliothek unterhält eine Reihe von Zweigstellen im ganzen Stadtgebiet. Ihr sind auch die Posener Literaturmuseen für die Schriftsteller Józef Ignacy Kraszewski, Henryk Sienkiewicz und Kazimiera Iłłakowiczówna sowie Gedenkstätte für den aus Posen stammenden Marineschriftsteller Jerzy Pertek zugeordnet.

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