Das Palatium von Mieszko I
Die galerie
PalladiumIn unmittelbarer Nähe der Kirche der Allerheiligsten Jungfrau Maria kann man fast das ganze Jahr über Archäologen bei der Arbeit beobachten. Neben dem Kircheneingang informiert eine Tafel darüber, dass das Institut für Früh- und Urgeschichte der Adam-Mickiewicz-Universität hier seit 1999 die Residenz Mieszko I. erforscht.
Bereits vor dem 2. Weltkrieg nahmen Archäologen an, dass sich der Sitz des polnischen Fürsten in der Posener Burg befunden haben muss. 1946 wurden auf der Dominsel erstmals Ausgrabungsarbeiten durchgeführt, mit dem Ziel die Fürstenpfalz von Mieszko I. zu entdecken. Die ersten Überreste des Bauwerkes wurden 1999 von einem Archäologenteam unter der Leitung von Frau Professor Hanna Kóčka-Krenz aufgedeckt. Bei ihren Arbeiten stießen die Forscher auf ein Mauerfragment, das zweifellos zu den Fundamenten des Steinpalastes von Mieszko I. gehörte.
Die Residenz wurde um die Mitte des 10. Jahrhunderts errichtet. Ihr Hauptteil befindet sich unter der Kirche der Allerheiligsten Jungfrau Maria. Die bisherigen archäologischen Untersuchungen haben ergeben, dass es sich bei dem Palast um ein rechteckiges, zweigeschossiges Gebäude handelte, dessen Fundamente ca. 27 m auf 12 m lang waren. In das Gebäudeinnere gelangte man über einen Eingangsbereich (4,84 m2), der sich in der südöstlichen Ecke des Palastes befand und in dem der Aufgang zum Obergeschoss untergebracht war. Den Fußboden bildete ein Gipsüberzug auf einer Schicht von Felstrümmern.
Der Palast zählte sicher vier Räume. Neben dem Eingangsbereich befand sich ein Raum (51 m2), über den man in einen zentral gelegenen, großen Saal (102 m2) gelangte, der sicher für repräsentative Zwecke genutzt wurde. Von dort aus gelangte man über einen Durchgang zu den beiden übrigen Räumen. Bei einem dieser Räume handelte es sich um einen schmalen, nur 90 cm breiten, aber 5 m langen Gang, der eventuell als eine Art Schatzkammer genutzt wurde. Der östlich an diesen Gang angrenzende Saal war 34 m2 groß. Die dort gefundenen Gegenstände - zwei Siegelstempel (aus Blei und Bronze, aus dem Besitz des Dominikanerbruders Jakob), die bleierne Bulle des Fürsten Bolesław und ein tönernes Behältnis zur Aufbewahrung eines Stempels oder Siegels - lassen vermuten, dass dieser Saal als Geschäftszimmer genutzt wurde. Im Obergeschoss befanden sich die Privatgemächer des Herrschers.
Zu einem Fürstensitz gehörte in der Regel auch eine Kapelle. Laut der polnisch-schlesischen Chronik aus dem 13. Jahrhundert wurde die Marienkapelle auf der Dominsel in Posen von Dubrawka, der Ehefrau Mieszko I. gestiftet. Die Relikte dieser Kapelle befinden sich wahrscheinlich unter dem Presbyterium der Kirche der Allerheiligsten Jungfrau Maria. Dafür sprechen die von den Archäologen gefundenen Gegenstände: Fragmente der aus knöchernen Platten bestehenden Verkleidung eines hölzernen Reliquienschreins sowie Mosaiksteinchen, die wahrscheinlich die Apsis der Burgkapelle schmückten. Die Verzierungen wurden sicher von Mosaiklegern angefertigt, die Bolesław der Tapfere, dessen Tochter mit dem Kiewer Fürsten Światopełk verheiratet war, aus der Rus nach Posen kommen lies.
Georadiologische Untersuchungen im Inneren der Kirche der Allerheiligsten Jungfrau Maria haben ergeben, dass sich auf der Ebene, auf der die Archäologen die Überreste des Fürstenpalastes aufdeckten, architektonische Überreste befinden, die älter sind als die Kirche. Endgültige Klarheit können jedoch nur die archäologischen Untersuchungen im Bereich des Presbyteriums der Kirche verschaffen.
Die Posener Burg war fast drei Jahrhunderte lang Sitz der polnischen Herrscher. Es ist anzunehmen, dass die Residenz in dieser Zeit wiederholt renoviert und nach den Bedürfnissen der großpolnischen Fürsten umgebaut wurde. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts ging die Residenz wie der Rest der Dominsel in den Besitz des Posener Bistums über. Zu dieser Zeit entstand in der auf dem linken Wartheufer gegründeten Stadt ein neues Fürstenschloss und die alte Residenz wurde wenig später abgerissen.
(Auf der Grundlage des Textes von Frau Professor Hanna Kóčka-Krenz "Najstarsze dzieje Poznania" in: "Tu się Polska zaczęła", Heft I der Serie "Materiały, Dokumentacje, Projekty", Programmbüro "Die Route der Könige und Kaiser in Posen", Abteilung für Stadtentwicklung, 2007)